Thomas Schäfer-Elmayer
Tanzlehrer & Benimm-Coach
Kultur
24.02.2022
24.02.2022
Herr Schäfer-Elmayer, wie oft habe ich, seitdem wir hier gemeinsam beim Kaffee sitzen, gegen Benimmregeln verstoßen?
Meines Wissens überhaupt nicht. Man könnte darüber reden, ob man mit Mund-Nasen-Schutz oder Maske hereingehen sollte, was aber nichts mit Benimmregeln zu tun hat, sondern eigentlich eine Verordnung ist. Man sollte sie erst beim Sitzen abnehmen. Andererseits fällt diese Verordnung sowieso in Kürze.
Und wie oft verstoßen Sie gegen die Etikette?
Überhaupt im Leben?
Genau.
Womöglich jeden Tag. Das ist ja ganz klar. Man kann sich nicht ständig an sämtliche Regeln halten. Man sollte sich optimal entsprechend der jeweiligen Situation verhalten. Ein Beispiel: Die Dame sollte rechts vom Herren gehen, da es der Ehrenplatz ist. Wenn die Dame das aber nicht möchte oder ihre Handtasche lieber links trägt, geht man halt anders. In solchen Situationen wurde ich auf der Straße schon korrigiert.
Von Passanten, einfach so?
Natürlich. Wien ist Etikette-affin.
Zum guten Benehmen gehört, dass man in Situationen ruhig bleibt und nicht wahnsinnig emotional wird. Gelingt Ihnen das? Sind Sie immer ruhig, gelassen und kontrolliert?
Immer leider nicht. Manchmal sollte man durchaus mehr über der Situation stehen. Das gelingt nicht immer. Es kommt aber auch auf die jeweilige Kultur an. Es gibt Städte, in denen am laufenden Band gehupt und geschimpft wird. Ein Gegenbeispiel: Als ich in den USA einmal mit dem Auto unterwegs war, habe ich nach einer Adresse gesucht und war dadurch beim Fahren abgelenkt. Als ich dann wieder nach vorne gesehen habe, musste ich plötzlich eine Notbremsung durchführen, da die Ampel auf Rot stand. Die US-Limousine, die ich gefahren bin, ist dann quer auf der Kreuzung stehen geblieben. Stellen Sie sich vor, wenn das in Rom oder in Wien passiert! (lacht) Die Leute in dieser Stadt – das war in Knoxville, Tennessee – waren ganz locker und haben ruhig gewartet, bis ich reversiert habe und weiterfahren konnte. Das würde ich als gelassenes und gutes Benehmen empfehlen. In einer Metropole wie in New York wäre es wahrscheinlich wieder hektischer zugegangen.
Und wann reißt der Geduldsfaden bei Ihnen? Wann zuckt Thomas Schäfer-Elmayer aus?
Leider zu häufig.
Ach so, wirklich?
Ich weiß, dieses Image habe ich landläufig nicht. Wieder ein Beispiel: Ich habe vor Jahren einmal einen Impulsvortrag in der Wirtschaftskammer Niederösterreich gehalten. Nach dem Vortrag bin ich mit einigen Honoratioren an einem Stehtisch gestanden. Auf einmal kam eine Dame dazu und meinte: »Guten Abend, Herr Professor. Können Sie sich noch erinnern, was Sie zu mir gesagt haben, als Sie mit dem Auto neben mir gestanden sind und das Fenster runtergelassen haben?« Ich dachte mir nur: »Um Gottes willen, was habe ich damals zu ihr gesagt?« Als ich die Geschichte bis zu dem Punkt meinen Kindern erzählt habe, ist denen alles Mögliche eingefallen. Zum Glück habe ich damals anscheinend nur Folgendes gesagt: »Gnädige Frau, wollen Sie nach links oder nach rechts abbiegen?« Da ist mir ein Stein vom Herzen gefallen. Das hat mein Image in dieser Runde am Stehtisch gefestigt. Glück muss man haben.
Damit sind Sie meiner Frage jetzt aber ausgewichen. Das war ja sehr freundlich, wie Sie bei der Dame reagiert haben. Emotional sind Sie da nicht geworden.
Das war auch eher die Ausnahme. Wenn ich hinter dem Steuer sitze, ärgere ich mich oft über mich selbst, wie grantig ich da manchmal bin.
Könnten in der heutigen Zeit irgendwann via Social Media Videosequenzen von Handys auftauchen, die Sie wild fluchend auf dem Wiener Gürtel, aus dem Auto herumschreiend, zeigen?
Möglich, ja. (grinst)
»Handy« ist vielleicht eh ein gutes Stichwort. Wenn Sie sich den politischen Umgang in den vergangenen Wochen und Monaten ansehen: Wie lautet Ihre Beurteilung als Benimm-Coach auf einer Skala von »Gsindl« bis »Hure der Reichen«?
(lacht) Das ist jetzt natürlich eine sehr heikle Frage. Vieles davon waren Aussagen, von denen niemand wollte, dass sie jemals an die Öffentlichkeit gelangen. Daher hoffe ich, dass diese Dinge auch nicht so gemeint waren, sondern eher als eine Art des Dampfablassens zu verstehen sind. Die Gesinnung, die zutage kam, ist erschütternd! Das mit der Hure der Reichen, oder auch einige andere Inhalte, war dann halt schon ein Wahnsinn. Aber gut, ist leider passiert und aus meiner Sicht eine Katastrophe.
»Egal, wohin man sieht, gilt die Regel, dass Macht korrumpiert«
Sollten Sie von einer Partei – egal welcher Couleur – eingeladen werden, um einen Vortrag oder Workshop abzuhalten zum richtigen Benehmen, auch dem härtesten politischen Mitbewerber gegenüber: Würden Sie diese Einladung annehmen, oder würden Sie das als reine öffentlichkeitswirksame PR betrachten und die Einladung daher ausschlagen, weil Sie sich nicht instrumentalisieren lassen möchten?
Ich habe schon ein paar Workshops gehalten für politische Parteien. Das ist aber schon lange her.
Vielleicht sollte man die Inhalte dort wieder auffrischen?
Wäre auf jeden Fall gut, ja. Aber nicht nur in Österreich. Auf dem politischen Parkett passieren teilweise Dinge ... auch früher schon, muss man ehrlicherweise sagen. Wenn Sie an die Udo- Proksch-Affäre denken, als ein Minister und ein Gerichtspräsident einen Mörder gedeckt haben, war das ja viel schlimmer als das, was jetzt gerade passiert ist. Egal, wohin man sieht, gilt die Regel, dass Macht korrumpiert. Politiker sollten nicht nur in Sachen der Höflichkeit vieles lernen, sondern vor allem sollten sie lernen, »Nein« zu sagen! Es ist ein sehr gefährliches Gewässer, in das sich Politiker begeben. Mit ihrer plötzlichen Autorität und Macht sind sie meist nicht darauf vorbereitet, dass Profis, wie beispielsweise manche Lobbyisten, auf sie zukommen und sie zu irgendwelchen Dingen verleiten. Und meist ist im Voraus nicht zu durch- oder überschauen, was da alles dahintersteckt. Das ist die Gefahr und die Falle, in die man nicht hineintappen darf. Wenn die Falle zuschnappt, kommt man nur sehr schwer wieder aus ihr heraus.
Sind Sie schon mal gefragt worden, ob Sie für eine Partei kandidieren möchten?
Schon ein paar Mal.
Für welche Partei?
Das möchte ich jetzt nicht sagen. Vor Jahren war ich sogar österreichweit während eines Nationalratswahlkampfs im Frack plakatiert, mit der Überschrift: »Für mehr Anstand in der Politik wählen Sie die Liste Thomas Schäfer-Elmayer.« Das wurde dann aufgelöst als Werbung für die Kronen Zeitung mit dem Satz: »Glauben Sie es erst, wenn es in der Krone steht.« Das war ein Riesenwirbel. (lacht) Gerade als Inhaber der Tanzschule Elmayer müssen wir neutral bleiben. Ich habe natürlich meine politische Überzeugung, es geht aber nicht, dass ich mich für eine politische Richtung im Speziellen engagiere. Bei uns ist jeder willkommen. Ob das Werner Faymann, Wolfgang Schüssel, Erhard Busek oder Franz Vranitzky als Jugendliche waren, ist vollkommen egal.
Dieses Jahr wird das Amt des Bundespräsidenten neu gewählt. Neutral, überparteilich, genau richtig für Sie.
Für das Amt wurde ich auch schon vorgeschlagen. Ich glaube allerdings nicht, dass das ernst, sondern eher als Spaß gemeint war.
Sie haben Wirtschaft in Wien und St. Gallen studiert, 1987 haben Sie dann die Tanzschule Elmayer übernommen. Wollten Sie nie etwas anderes machen, als in die Fußstapfen Ihres Großvaters zu treten?
Ich habe nie daran gedacht, in diese Fußstapfen zu treten. 1986, als ich von meinem Vater gefragt wurde, die Tanzschule zu übernehmen, habe ich die Sparte für hochreine Metalle in einem Industrieunternehmen in Deutschland geleitet und war sehr glücklich in diesem Beruf. Mit der Zeit habe ich dann aber erkannt, dass nur ich diese Chance habe, mich mit der Tanzschule Elmayer für etwas wirklich Wertvolles einzusetzen. Die Wiener Balltradition gibt es weltweit sonst nirgends, ebenso wie es nirgendwo eine Traditionstanzschule wie den »Elmayer« gibt. Gerade bei den letzten Einschreibungen nach den langen Lockdowns haben wir wieder gemerkt, wie beliebt unsere Tanzschule ist, da wir regelrecht gestürmt wurden. Sogar die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat darüber berichtet.
Sie haben die Tanzschule über die letzten Jahrzehnte geprägt und ein gewisses Alter erreicht. Was passiert mit Ihrer Tanzschule, wenn Sie entscheiden, nicht mehr weiterzumachen?
Ein gewisses Alter ... (grinst). Ich sehe es schon als meine Aufgabe an, dass es dann weitergeht, und muss leider zugeben, das noch nicht geschafft zu haben. Meine Pläne wurden durch die Pandemie durchkreuzt. Ich wollte das 100-jährige Jubiläum ganz groß zelebrieren, was wir auch gemacht haben. Kurz danach kam die Pandemie, wodurch ich mich nicht auf die Weiterentwicklung und eine langsame Übergabe konzentrieren konnte. Vielleicht war es auch nur eine Ausrede, um weiterzumachen und die Tanzschule nicht jetzt im Stich zu lassen. Mir macht es nach wie vor noch viel Spaß. Es ist wahrlich nicht einfach, sich von dieser Familientradition zu lösen. Die Tanzschule ist tiefer in mir verwurzelt, als mir das selbst offenbar bewusst war.
Das heißt, die Weichen werden erst gestellt.
Die Weichen sind gestellt, teilweise. Nämlich insofern, als meine Kinder sicherlich nicht übernehmen werden. Beide leben in Deutschland. Mein Sohn hat eine Steuerberatungskanzlei in Mainz und meine Tochter ist Psychologin in Köln. Durch die Pandemie haben beide viel zu tun. Meine beiden Kinder sind sehr erfolgreich und glücklich. Ich möchte sie von ihrem Weg nicht abbringen. Strategisch ist mein Sohn schon in die Entwicklung der Tanzschule eingebunden.
Ihr Name steht nicht nur für Etikette und Benehmen, sondern auch für Tradition. Doch jede Tradition wurde einmal begonnen und hat sich erst über einen gewissen Zeitraum zu dem entwickelt, was sie letztendlich wurde. Mit welchen Traditionen haben Sie sich überworfen, weil sie überholt waren, und wo haben Sie eigene Akzente gesetzt?
Was mir sofort einfällt: Sowohl von meinem Großvater als auch meinen Eltern habe ich Unterlagen aus Vorträgen, Seminaren, Interviews und Büchern über gutes Benehmen geerbt. Vieles davon konnte ich übernehmen, um davon ausgehend meine eigenen Seminare zu entwickeln, in die natürlich auch meine eigenen Erfahrungen eingeflossen sind. Ich bin dann auf ein Thema gestoßen, für das meine Vorfahren keine konkreten Rezepte zur Umsetzungen gegeben haben. Es handelt sich um ein Wort, das sogar mit der Tanzschule zu tun hat: Taktgefühl! Taktgefühl heißt letztendlich, dass man sich in der jeweiligen Situation optimal verhält – unabhängig davon, ob das nun genau den Regeln entspricht oder nicht. Das ist ein ganz wesentliches Kapitel in meinen Seminaren. Es geht um den Willen, sein Interesse an Menschen zu wecken und sich zu motivieren, mehr Menschenkenntnis zu erlangen. Wir sind oft zu faul, zu schüchtern oder zu bequem, um mit anderen Menschen in Kontakt zu treten. Wenn Sie sich Leute im Zug oder im Flugzeug ansehen, sitzen die alle nebeneinander und keiner redet mit dem anderen. Das ist sehr schade! Wenn Sie dann eine Person freundlich mit einem »Guten Morgen!« ansprechen, werden sie anfänglich vielleicht komisch angesehen. Und dennoch ist die Person froh, dass man Kontakt mit ihr hat. Aus solchen Momenten kann man sehr viel erfahren und fürs Leben lernen. Ich kann nur empfehlen, so viel Menschenkenntnis wie nur möglich zu sammeln. Je mehr Erfahrung ich habe, desto höher ist meine Chance, eine Person möglichst richtig zu beurteilen. Wir ticken alle sehr ähnlich, haben unsere Vorurteile und stecken Menschen in Schubladen.
Heißt das, dass man sich mit dem Taktgefühl optimal an die jeweilige Zielgruppe anpasst?
»Anpassen« ist ein Wort, das ich nicht sehr mag, weil es passiv ist. Es geht darum, in der jeweiligen Situation optimal zu handeln. Ich mache mir also selbst Gedanken, was ich jetzt sagen oder wie ich jetzt agieren könnte, und passe mich nicht nur an. Das wäre etwas zu wenig. Offenheit und Respekt sind wiederum andere Dinge, die sehr wichtig sind.
»Das ›Sie‹ frühzeitig aufzugeben nimmt uns die Möglichkeit, uns später näherzukommen«
Tätowierungen sind heute gesellschaftlich in weiten Teilen akzeptiert. Das Du-Wort wird rascher angeboten, während man früher jahrelang per Sie war. Umgangsformen ändern sich, Trends kommen und gehen. Was davon finden Sie gut, was weniger?
Fangen wir mit dem Beispiel der Krawatte an. Bei uns in der Tanzschule gilt folgender Dresscode für junge Herren: weiße Handschuhe, Anzug und Krawatte. Kürzlich habe ich innerhalb unseres Teams die Frage gestellt, ob wir immer noch eine Krawatte verlangen sollen. Auch Top-Manager tragen heute deutlich seltener Krawatte als früher. In der Besprechung haben mich meine jungen Mitarbeiter überrascht angesehen und mich gefragt: »Meinen Sie das ernst?!« Der älteste meiner Mitarbeiter ist 40 Jahre jünger als ich.
Wenn wir jetzt vom Duzen sprechen, ist das eine ganz drastische Entwicklung. Mein Großvater hat in den 1950ern in seinem Buch »Gutes Benehmen wieder gefragt« geschrieben, dass sich die Schüler in einer anständigen Tanzschule siezen. Das ist längst nicht mehr so. In der Zwischenzeit duzen Volksschüler ihre Lehrer. Damit gibt es, glaube ich, schon ein Problem. Die Distanz und die Scheu, gewisse Dinge zu tun, ist größer, wenn man per Sie ist. Wenn man einen Fleck bekommt von dem Lehrer, mit dem man per Du ist, ist die Überraschung wahrscheinlich größer. Die Universität Bremen hat nach der 68er-Revolution das Du-Wort vom ersten Semester bis zum Rektor eingeführt und musste es mit der Zeit wieder abschaffen, weil die Studierenden die Distanz zu den Professoren nicht mehr eingehalten haben. Das »Sie« frühzeitig aufzugeben nimmt uns die Möglichkeit, uns später näherzukommen.
Wenn wir jetzt vom Duzen sprechen, ist das eine ganz drastische Entwicklung. Mein Großvater hat in den 1950ern in seinem Buch »Gutes Benehmen wieder gefragt« geschrieben, dass sich die Schüler in einer anständigen Tanzschule siezen. Das ist längst nicht mehr so. In der Zwischenzeit duzen Volksschüler ihre Lehrer. Damit gibt es, glaube ich, schon ein Problem. Die Distanz und die Scheu, gewisse Dinge zu tun, ist größer, wenn man per Sie ist. Wenn man einen Fleck bekommt von dem Lehrer, mit dem man per Du ist, ist die Überraschung wahrscheinlich größer. Die Universität Bremen hat nach der 68er-Revolution das Du-Wort vom ersten Semester bis zum Rektor eingeführt und musste es mit der Zeit wieder abschaffen, weil die Studierenden die Distanz zu den Professoren nicht mehr eingehalten haben. Das »Sie« frühzeitig aufzugeben nimmt uns die Möglichkeit, uns später näherzukommen.
Wenn Sie davon sprechen, dass manche Leute beim Du-Wort die Distanz nicht mehr einhalten, dann legt das Du-Wort wahrscheinlich nur den Charakter einer Person frei, weil sie glaubt, sich dann alles erlauben zu können.
So allgemein würde ich es nicht sagen. Viele Menschen verwenden das Du-Wort einfach gerne. Erst letztens wurde bei einem Vortrag erwähnt, dass hier alle per Du seien. Im Nachhinein habe ich mir gedacht, dass ich manches wahrscheinlich nicht gesagt hätte, wenn wir per Sie gewesen wären.
Teilweise ist es ein stilistisches Mittel. Voriges Jahr hat Politikberater Thomas Hofer im Interview gemeint, dass Jörg Haider immer alle geduzt hat, um eine gewisse Distanz zu Journalisten zu überbrücken.
Mich hat Jörg Haider nicht geduzt, das wollte er dann offenbar doch nicht. (lacht) Aber natürlich ist es auch eine taktische Überlegung, per Du zu sein. In manchen Ministerien wird das so auch gelebt, was man nicht unbedingt erwarten würde. Es hat auch mit der Kultur innerhalb einer Gruppe zu tun.
In der Werbebranche gehört das Du-Wort zum guten Ton. Es wäre wahrscheinlich ein Affront, wenn man auf das »Sie« wechseln würde.
Könnte als Affront gesehen werden, stimmt. Ich habe das im Bregenzerwald mal beim Almabtrieb erlebt. Zu später Stunde hat ein Holländer, weil er wusste, dass in Österreich höflicherweise das »Sie« gilt, einen bärtigen Senner so angesprochen. Der hat ihm daraufhin dann eine runtergehauen. Da unter den Holländern starke Judoka waren, wurde dann eine Schlägerei daraus.
Karl Lagerfeld meinte einmal: »Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.« Stimmen Sie ihm zu? Oder sieht man Sie auch mal im Jogginganzug auf die Straße gehen?
(lacht) Nein. Also, wenn ich joggen würde, hätte ich einen an, weil dann wäre ich ja korrekt gekleidet. Wenn ich wandern gehe, gehe ich auch nicht im Smoking. Ich finde aber schon, dass manche Kleidungsstücke grenzwertig sind. Erst heute Morgen habe ich eine junge Dame im Jogginganzug gesehen. Das Zeug war so hauteng, dass sie praktisch nicht bekleidet war. Da konnte man sich alles vorstellen. Zum Glück hatte sie eine super Figur. Auch wenn ich kleine Schulmädchen in Strumpfhosen sehe, finde ich das nicht besonders gut.
Die Jugend hat sich aber immer schon anders gekleidet als die Älteren der Gesellschaft.
Das ist schon klar. Da hat sich viel verändert. Als die Tanzschule gegründet wurde, ist in Wien kein Mensch ohne Hut auf die Straße gegangen. Noch früher war der Frack ein Tagesanzug. Es hat sich also wirklich unglaublich viel geändert. Es gibt Dokumentarfilme, in denen Archäologen in Ägypten bei 50 Grad im Schatten Frack mit Zylinder anhatten. Dass es das nicht mehr gibt, ist schon vernünftig, weil das wiederum nicht wirklich gesund sein kann.
So ein Anzug, wie ich ihn jetzt trage, ist etwas Simples. Ich muss mir keine Gedanken machen und bin ruckzuck angezogen – auch am Abend. Frauen haben erheblich mehr Freiheit bei der Wahl ihrer Garderobe, müssen allerdings auch mehr Kreativität aufbringen. Auch Männer werden mittlerweile immer modebewusster. Das Problem dabei ist: Wenn ich ein buntes Sakko mit T-Shirt darunter trage, fällt das auf. Wenn ich die Woche darauf dieselben Menschen wieder in dem bunten Sakko treffe, entsteht der Eindruck, ich hätte nur dieses eine Sakko.
So ein Anzug, wie ich ihn jetzt trage, ist etwas Simples. Ich muss mir keine Gedanken machen und bin ruckzuck angezogen – auch am Abend. Frauen haben erheblich mehr Freiheit bei der Wahl ihrer Garderobe, müssen allerdings auch mehr Kreativität aufbringen. Auch Männer werden mittlerweile immer modebewusster. Das Problem dabei ist: Wenn ich ein buntes Sakko mit T-Shirt darunter trage, fällt das auf. Wenn ich die Woche darauf dieselben Menschen wieder in dem bunten Sakko treffe, entsteht der Eindruck, ich hätte nur dieses eine Sakko.
Wie viele Anzüge besitzen Sie?
Zehn mindestens.
Sind Sie Links- oder Rechtshänder?
Rechtshänder.
Warum tragen Sie Ihre Uhr dann auf der rechten Hand?
Weil es eine Automatikuhr ist, die andauernd stehen bleibt, wenn ich sie nicht stark bewege. Die rechte Hand bewege ich einfach deutlich stärker.
»Wodka ist kein geeignetes Mittel, um das Benehmen zu steigern«
Sie haben über die Jahre zig Bälle – wie unter anderem den Wiener Opernball – eröffnet. Wie viele Bälle werden es schätzungsweise über die Jahrzehnte hinweg gewesen sein?
Pro Jahr werden es an die 20 Bälle gewesen sein. Insgesamt werden es also ungefähr 600 Bälle gewesen sein.
Wenn Sie an diese 600 Bälle zurückdenken: Welche Situationen – sowohl angenehme als auch unangenehme – sind Ihnen noch speziell im Gedächtnis?
Fangen wir mit dem Unangenehmen an, damit wir das hinter uns haben. Es ist sehr schade, wenn eine Dame oder ein Herr im Eröffnungskomitee ohnmächtig wird. Das passiert meist, weil sie nicht gewohnt sind, so lang zu stehen, aufgeregt sind und zu wenig Wasser getrunken haben.
Worüber ich mich aber ärgere, ist, wenn Leute zu viel Alkohol trinken. Das passiert meist bei Schulbällen. Beim Opernball wahrscheinlich auch, aber das merken dann ja nur die Leute in der Loge. Wodka ist kein geeignetes Mittel, um das Benehmen zu steigern. Und doch passiert es immer wieder, dass die Jugend bei Ballfesten betrunken ist. In den vielen Jahren meiner Tätigkeit hatte ich viel damit zu tun, solches Verhalten zu verhindern. Im Jahr 2001 habe ich mir bei der ersten Ballprobe der Saison ein Bein gebrochen. Beim Skifahren ist mir das nie passiert. Das hat dazu geführt, dass ich in der Saison nach jeder Eröffnung in den Sanitätsraum gegangen bin, um mich hinzulegen und das Bein hochzulagern. Dadurch habe ich erlebt, dass junge Burschen eingeliefert wurden, die nicht mal mehr ihren Namen wussten.
Worüber ich mich aber ärgere, ist, wenn Leute zu viel Alkohol trinken. Das passiert meist bei Schulbällen. Beim Opernball wahrscheinlich auch, aber das merken dann ja nur die Leute in der Loge. Wodka ist kein geeignetes Mittel, um das Benehmen zu steigern. Und doch passiert es immer wieder, dass die Jugend bei Ballfesten betrunken ist. In den vielen Jahren meiner Tätigkeit hatte ich viel damit zu tun, solches Verhalten zu verhindern. Im Jahr 2001 habe ich mir bei der ersten Ballprobe der Saison ein Bein gebrochen. Beim Skifahren ist mir das nie passiert. Das hat dazu geführt, dass ich in der Saison nach jeder Eröffnung in den Sanitätsraum gegangen bin, um mich hinzulegen und das Bein hochzulagern. Dadurch habe ich erlebt, dass junge Burschen eingeliefert wurden, die nicht mal mehr ihren Namen wussten.
Und welche Situationen sind Ihnen noch angenehm in Erinnerung bzw. was hat Sie positiv beeindruckt?
Ich liebe jede Balleröffnung! Ich war letztens, mitten in der Pandemie, der schon zweimal die komplette Ballsaison zum Opfer gefallen ist, in der Hofburg bei einer Kunstausstellung und habe dabei gemerkt, wie es mir abgeht, in diesen Räumen endlich mal wieder einen Ball zu eröffnen. Das ist für mich jedes Mal eine wirkliche Freude – besonders beim Elmayer-Kränzchen! Beim letzten Mal hatten wir 640 Leute im Eröffnungskomitee. Wir hätten wahrscheinlich über 800 aufnehmen können, wenn wir den Platz dazu gehabt hätten. Welche Freude diese Tradition der Jugend bringt und welchen Wert das für die jungen Leute bedeutet, die das zum ersten Mal machen, ist schon schön zu sehen.
Gibt es einen Ball oder ein Event, das Sie wahnsinnig gerne gestalten würden und in Ihrer Vita noch fehlt?
Den TC – Techniker Cercle – habe ich nie eröffnet. Im Musikverein gibt es zwei Bälle. Der eine ist der Philharmonikerball, den eröffne ich. Der andere ist der TC. Den hätte ich gerne einmal eröffnet.
Kennen Sie den Song »Loss mi amoi no d’ Sun aufgehn segn« von Georg Danzer?
Georg Danzer ist mir ein Begriff, der Song nicht. Eine Bildungslücke.
Was sagen Sie zur umgeschriebenen Songzeile »Loss mi amoi no den Opernboi eröffnan«?
(lacht) Ich würde ihn sehr gerne noch einmal eröffnen, vollkommen klar. Es ist ein tolles Erlebnis, die Eröffnung zu leiten! Andererseits muss man sagen, ich habe 26-mal bei der Eröffnung mitgewirkt und sie sechsmal selbst geleitet. Für so viel Glück kann man nur dankbar sein.
Lieblings-
Buch: Hawaii (James Michener)
Film: Krieg und Frieden
Song: Yellow Submarine (The Beatles)
Schauspieler/in: Claudia Cardinale, Nastassja Kinski, Peter Simonischek
Motto: Glück muss man haben.
Autor/in: Karl May
Serie: Universum, Terra Mater
Stadt: Wien
Land: Österreich
Gericht: Käsespätzle
Getränk: Bier
Film: Krieg und Frieden
Song: Yellow Submarine (The Beatles)
Schauspieler/in: Claudia Cardinale, Nastassja Kinski, Peter Simonischek
Motto: Glück muss man haben.
Autor/in: Karl May
Serie: Universum, Terra Mater
Stadt: Wien
Land: Österreich
Gericht: Käsespätzle
Getränk: Bier
Schönstes und negativstes Erlebnis der vergangenen Woche
Schönstes: Ich war am Annaberg Ski laufen.
Negativstes: Ich bin auf der Straße angepöbelt worden, weil ich Maske getragen habe.
Negativstes: Ich bin auf der Straße angepöbelt worden, weil ich Maske getragen habe.
Berufswunsch als Kind
Kellner
Wen wollten Sie immer schon mal treffen?
Ich habe das Glück, sehr viele interessante Leute getroffen zu haben in meiner Rolle. Wer mich in der Weltgeschichte interessiert hätte, den ich leider nicht getroffen habe, obwohl wir im selben Land, nämlich Südafrika, gelebt haben: Nelson Mandela. Er ist einer der Menschen, die ich am meisten bewundere. Der andere wäre Mahatma Gandhi gewesen.
Teenie-Schwarm
Da gab’s etliche, aber wahrscheinlich Françoise Hardy. Ich habe mit ihr sogar einmal etwas Lustiges erlebt. In St. Gallen gab es einige Studenten aus sehr wohlhabenden Häusern. Sie haben den Hochschulball gesponsert. Wir haben Françoise Hardy als Sängerin samt Band gebucht. Zu der Zeit gab es blöderweise einen Pilotenstreik oder dergleichen in Paris, weshalb das Management von Frau Hardy den Vertrag nicht erfüllen wollte und meinte, dass sie sich nur im Rolls-Royce abholen lassen würde. Das war kein Problem. (grinst) Einige wohlhabende Studenten haben in Zürich fünf Rolls-Royce gemietet und sind damit nach Paris gefahren. Damit jetzt kein falscher Eindruck entsteht: Ich bin damals einen Puch 500 gefahren. In den wäre sie nicht eingestiegen. (lacht)
Café-Bestellung
Großer Schwarzer
Ort des Interviews
Café Frauenhuber
Das Café Frauenhuber gilt als ältestes Kaffeehaus Wiens – erstmals soll es im Jahr 1824 Erwähnung gefunden haben. Für ein Fortbestehen soll bereits gesorgt sein, da die Tochter des aktuellen Besitzers bereits in den Startlöchern steht, das Café später einmal zu übernehmen, um es in Familienbesitz weiterzuführen. Auch wenn das Frauenhuber im klassischen Interieur – Holz und rote Plüschbezüge – großteils so belassen wurde, wie es war, wurde es über die Jahre immer wieder sanft modernisiert, um das klassische Ambiente mit dem Wiener Zeitgeist gehen zu lassen.
Das Café Frauenhuber gilt als ältestes Kaffeehaus Wiens – erstmals soll es im Jahr 1824 Erwähnung gefunden haben. Für ein Fortbestehen soll bereits gesorgt sein, da die Tochter des aktuellen Besitzers bereits in den Startlöchern steht, das Café später einmal zu übernehmen, um es in Familienbesitz weiterzuführen. Auch wenn das Frauenhuber im klassischen Interieur – Holz und rote Plüschbezüge – großteils so belassen wurde, wie es war, wurde es über die Jahre immer wieder sanft modernisiert, um das klassische Ambiente mit dem Wiener Zeitgeist gehen zu lassen.
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