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Vermögens- und Finanzberaterin Monika Maximilian
 
       
       
Monika Maximilian

Vermögens- und Finanzberaterin

Gesellschaft
30.03.2023
Monika Maximilian ist seit mehr als 20 Jahren als selbstständige Vermögens- und Finanzberaterin tätig. In ihrer Rolle berät sie Privatpersonen in den Bereichen Veranlagung, Vorsorge, Finanzierung und Absicherung. Im Interview mit Talkaccino spricht Maximilian über die aktuelle und vergangene Wirtschaftskrisen, skizziert mögliche Strategien für den privaten Vermögenserhalt und -ausbau, warnt vor Investmentrisiken und gibt Einblicke in persönliche Fehleinschätzungen.

Der legendäre Börsianer und Spekulant André Kostolany meinte einst: »Wer viel Geld hat, der kann spekulieren, wer wenig hat, darf nicht spekulieren, und wer überhaupt kein Geld hat, muss spekulieren.« Was ist Ihre Meinung zu dieser Aussage?

Dem stimme ich überhaupt nicht zu, denn jemand, der überhaupt kein Geld hat, kann ja gar nicht spekulieren, weil er eben nichts hat. In den letzten 22 Jahren habe ich – bezogen auf Investments – gemerkt, dass sich die Lage komplett verändert hat. Sichere Investments gibt es nicht mehr und jedes Investment hat ein Risiko. Es ist sehr wichtig, mit jeder Person vorab zu klären, welche Vor- und welche Nachteile es gibt. Das ist, aus meiner Sicht, individuelle Beratung. Weil jeder für sich abschätzen muss und auch so eigenverantwortlich sein sollte, sagen zu können, wozu man bereit ist. Wo Sonne ist, ist auch Schatten. Jeder muss für sich entscheiden, für wie viel Sonne und wie viel Schatten man bereit ist. Das ist seit 22 Jahren mein Hauptmotto, um jeden individuell beraten zu können.

Wenn jemand Angst hat, wird eine Person nicht mit Schwankungen umgehen können. Ich kann Ihnen ein konkretes Beispiel geben: Vor ein paar Wochen habe ich mit einer Dame gesprochen, die 500.000 Euro investieren wollte. Ich habe sie gefragt, wie es ihr gehen würde, wenn ihre 500.000 Euro auf dem Papier plötzlich nur noch 250.000 Euro wert sind. Sie meinte, dass es ihr dann ganz schlecht gehen würde. Ich habe dann gefragt, wie es sich verhält, wenn der Betrag vielleicht nur noch 495.000 Euro wert ist. Sie meinte, dass es ihr auch dann schlecht gehen würde. Okay, dann ist diese Person, selbst bei einer hohen Inflation und niedrigen Zinsen, nicht für ein Investment geeignet. Der grundlegende Unterschied zwischen einem »einfachen Sparer« und einem Investor liegt darin, dass der Investor auch bei fallenden Aktienkursen noch immer sieht, dass er den gleichen Anteil an einem guten Unternehmen besitzt. Ein klassischer Sparer hingegen beobachtet meistens mehrmals täglich die Schwankungen in seinem Portfolio und ist zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt hin- und hergerissen. Wenn jemand schlaflose Nächte bei Schwankungen in seinem Investment hat, sollten die Finger davon gelassen werden.

Muss man in Zeiten wie diesen nicht auch seine Komfortzone verlassen?

Muss man?

Das weiß ich nicht. Wir alle hören aber seit Wochen, Monaten und wahrscheinlich sogar schon seit Jahren, dass unser Geld durch klassisches Sparen durch die Inflation aufgefressen wird. Seit Corona und vor allem seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine hören wir das noch deutlich stärker und öfter.

Aus meiner Sicht muss man trotzdem keine anderen Anlageformen in Anspruch nehmen, wenn es bedeutet, dass man dadurch schlaflose Nächte hat. Ein Investment empfehle ich dann garantiert keines.

Auch wenn man jetzt vielleicht keine schlaflosen Nächte hat, hat man sie dann vielleicht in 30 Jahren, weil die Inflation bis dahin alles deutlich reduziert hat. Schläft man dann womöglich im Alter schlecht, weil man in der Zeit davor niemals finanzfit gemacht wurde?

»Finanzfit« ist ein sehr gutes Stichwort, weil es mit Finanzbildung zu tun hat, die in unserem Schulsystem nicht gegeben ist. Als Vermögensberaterin entscheide ich aber nicht über die von Ihnen vorhin erwähnte Komfortzone. Ich sehe meine Aufgabe in der Finanzbildung, Ihnen also Wissen im Sinne einer Basisinformation zu geben. Ich kann Ihnen Lösungen erklären und Möglichkeiten aufzeigen. Ob Sie sich damit dann aber auch wohlfühlen oder nicht, ist Ihre Entscheidung. Ich plädiere seit Jahren für Eigenverantwortung! Das vermisse ich in jeglicher Form. Alle zeigen immer gerne auf die anderen. Heute sagt niemand mehr, eine eigene Entscheidung getroffen zu haben, weil ein Risiko genommen oder bewusst vermieden worden ist. Jeder sollte sich mit den eigenen Entscheidungen wohlfühlen. Ich persönlich gehe gerne ein größeres Risiko ein, bezogen auf Investments. Das mache ich aber auch nur deswegen, weil ich eine hohe Liquiditätsreserve habe. Sprich: Die Reserve liegt bei mir am Sparbuch, damit ich als Unternehmerin wegen privater und unternehmerischer Fixkosten keine schlaflosen Nächte haben möchte. Ich habe mich bewusst dafür entschieden, auch wenn ich am Sparbuch quasi keine Zinsen bekomme und die Inflation dem dort liegenden Vermögen schadet. Damit habe ich aber eine gewisse Sicherheit, auch meinen Kunden gegenüber, weil ich ihnen nichts verkaufen muss, um Provisionen zu verdienen. Geld, worauf ich verzichten kann, lasse ich arbeiten. Dabei handelt es sich um Geld, das ich nicht benötige, um meinen Lebensstandard zu halten.
Im Interview: Monika Maximilian

Hier stellt sich nun die Frage der prozentuellen Verteilung. Man hört immer wieder Sätze wie beispielsweise: »Drei Bruttomonatsgehälter sollten am Sparbuch liegen für den Fall, dass Reparaturen am Auto anfallen oder die Waschmaschine kaputtgeht.« In absoluten Zahlen benötigen manche Menschen mindestens 10.000 Euro am Konto, um nicht nervös zu werden, bei anderen liegt diese Zahl bei 50.000 Euro. Was macht Sinn, wann geht es ums Wohlgefühl und wie soll man vorgehen?

Pauschalaussagen à la »So viel Prozent vom Nettoeinkommen sollst du sparen« oder »So viel Geld sollst du als Liquiditätsreserve haben« sind für mich schwierig. Ich mag so etwas überhaupt nicht, weil jeder ein anderes Sicherheitsbedürfnis hat! Ich möchte Ihnen gerne ein weiteres Beispiel aus der Praxis nennen. Ich habe vergangene Woche eine Interessentin kennengelernt, die 50.000 Euro geerbt hat. Die Dame ist 28 Jahre alt und möchte mit ihrem Freund in einer neuen Wohnung zusammenziehen. Sie hat ein solides Einkommen und kann sich Kinder mit ihrem Freund vorstellen. Das vom Großvater erhaltene Erbe ist der erste größere Betrag, den sie zur Verfügung hat. Davor hatte sie weder am Konto noch am Sparbuch viel Geld. Mein Vorschlag war, dass sie die 50.000 Euro nimmt und sich einerseits erst einmal um die neue Wohnung kümmert – hier fallen wahrscheinlich Kaution, Einrichtung und vieles mehr an – und sich dann andererseits überlegen soll, wie viel sie als tagtäglich verfügbares Geld am Konto liegen haben möchte. Sie meinte, dass ich die einzige Finanzberaterin war, die ihr das empfohlen hat. Andere Finanzberater sind mit Ideen gekommen, was sie nicht alles mit dem Geld machen könnte. Ihre Entscheidung war dann die, dass sie mit meiner Empfehlung den für sie aktuell passenden Weg gehen wird. 

Auch wenn die Frage nun ebenso ins Pauschalisieren geht: Welchen Betrag würden Sie als »viel Geld« bezeichnen, welchen als »wenig Geld«? Ohne eine Definition können Sie nicht wirklich sagen, ab wann ein Investment in andere Bereiche außerhalb des Sparbuchs Sinn macht.

Eben nicht, nein. Jeder hat eine andere Wertigkeit, andere Ziele und andere Wünsche. In der Beratung ist für mich wichtig zu wissen, welche materiellen Ziele jemand zu welchem Zeitpunkt erreichen möchte. Manche Leute antworten, dass sie in der Pension gerne 5.000 Euro monatlich zur Verfügung haben möchten. Da stellt sich für mich dann gleich die Folgefrage: Mit oder ohne staatliche Pension und ab welchem Alter stellt man sich die Pension vor? Dann sollte man sich fragen, was man dafür bereit ist zu tun und welche Möglichkeiten man hat, um dieses Ziel zu erreichen. Wie setzt man die Wertigkeiten beim Sparen? Wissen Sie, was mich immer wieder erschreckt? Der Zeitgeist! Ich höre immer wieder, dass man es als junger Mensch niemals schaffen kann, Eigentum zu erwerben. Meine Erfahrung als Finanzberaterin ist, dass es allerdings an der Wertigkeit liegt, die jemand setzt. Bei den monatlichen Ausgaben werden oftmals verschiedene Streaming-Dienste, Gel-Fingernägel, falsche Wimpern und Zigaretten als wichtig erachtet. Ganz konkret: Eine Dame hat für Zigaretten im Monat 171 Euro ausgegeben, eine andere für Gel-Fingernägel 61 Euro alle zwei Wochen, und die nächste hat sich falsche Wimpern 82 Euro kosten lassen. Wenn jemand Vermögen aufbauen möchte, muss man sich fragen, was man bereit ist, dafür zu investieren. Wenn am Ende des Monats allerdings nichts übrig bleibt, stellt sich die Frage nicht mehr.

Also stellt sich die Frage, worauf man bereit ist zu verzichten.

Es stellt sich die Frage, ob man bereit ist, sein Leben zu ändern. Es ist die gesellschaftliche Entwicklung, die wir gerade erleben. Ich nenne es den Zeitgeist. Mein Mann ist in Guntramsdorf aufgewachsen, sein Vater war Lehrer an der HTL, und seine Mutter hat ein paar Stunden Teilzeit gearbeitet. Beide haben niemals daran geglaubt, sich jemals Eigentum erwirtschaften zu können. Durch ein Erbe haben sie ein Grundstück in Guntramsdorf erhalten. Das hat sie extrem angespornt, ein eigenes Haus zu bauen. Auch damals musste man schon Eigenmittel vorweisen für einen Kredit. Sie haben viel gespart, keine Urlaube gemacht und im Rohbau gewohnt. Erst als wieder Geld angespart war, wurde weiter ausgebaut. Jahrelang haben sie in einem Haus ohne Fassade gewohnt. Wenn sie dann alle paar Jahre doch einmal im VW Käfer nach Italien in den Urlaub gefahren sind, haben sie ihr eigenes Essen mitgenommen.
»Oft geht es nicht um den Preis, sondern um die Wertigkeit«

Wollen Sie damit sagen, dass eine jüngere Generation diese damaligen Entwicklungen nicht mitbekommen hat und deswegen immer alles schnell und sofort passieren muss?

Ich meine, dass eben nicht alles sofort passieren muss. Ein Haus braucht nicht gleich vollkommen fertig und am besten auch gleich voll eingerichtet am Grundstück stehen. Nicht nur die junge Generation verzichtet ungern bewusst auf etwas oder lebt kostenbewusst. Das meine ich mit Zeitgeist. Das ist für mich sehr spannend. Ich denke mir, dass es daher oftmals nicht um den Preis, sondern um die Wertigkeit geht. Auf der einen Seite hört man, dass viele Menschen kein Geld für den Vermögensaufbau oder fürs Sparen zur Verfügung haben, auf der anderen Seite sieht man sehr viele Menschen mit den neuesten Smartphones herumlaufen.

Und Konsolen, Computern, Tablets und so weiter. Früher hatten die Eltern vielleicht ein Auto, wenn überhaupt. Heute haben viele Familien mindestens zwei Autos, jedes Familienmitglied hat ein E-Bike und in jedem Zimmer steht ein TV-Gerät.

Sie sagen es und genau das finde ich sehr spannend. Genau solche Themen diskutiere ich gerne in meinen Beratungsgesprächen. Es geht nie um die Frage, was sich jemand leisten kann, sondern darum, wo die Wertigkeit liegt. Es geht darum, ob man sich dieses oder jenes leisten will. Viele kennen ihre monatlichen Ausgaben nicht mal. Dann hört man Sätze wie »Keine Ahnung, wohin mein Geld fließt«. Ich bitte alle meine Kunden, ein Kassabuch über die ersten drei Monate zu führen, damit sie ein Gespür bekommen, wie viel sie wofür ausgeben.

Die Frage ist auch, wie sehr man etwas nutzt. Autos kosten Geld, selbst wenn sie nur stehen.

Eines meiner Lieblingsthemen.
»Jede Art von Investment ist mit Risiko behaftet«

Kommen wir kurz zum Sparen bzw. Vermögensaufbau zurück. Grundsätzlich gibt es vier Möglichkeiten: klassisch am Sparbuch, mit wenig Zinsen. Mittels Wertpapieren wie Aktien oder Fonds, mit einem gewissen Risiko. Über Immobilien mit hohem Mitteleinsatz. Oder als nicht sofort sichtbares Vermögen, wie beispielsweise Gold oder Schmuck, mit der Unsicherheit der Wertbeständigkeit je nach Marke und Marktlage. Wie beurteilen Sie diese Möglichkeiten und welche Mischform macht Sinn?

Ganz wichtig: Was hat eine Person bereits? Bei Immobilien gibt es die Eigennutzung und die vermieteten Immobilien, über die ein passives Einkommen generiert werden kann. Was man nicht vergessen darf, ist, dass auch diese Form mit Risiko behaftet ist. Pauschal wird immer gesagt, dass Immobilien ein sicheres Investment sind. Ganz so ist das nicht. Wenn ich eine Anlegerwohnung besitze, sie mit einem Kredit finanziert habe und es nicht schaffe, sie zu vermieten, habe ich ein Problem. Oder man hat es mit Mietnomaden zu tun, die man nur mit Räumungsklagen loswird. Allein diese beiden Beispiele zeigen, dass man nicht unbedingt mit einem fixen passiven Einkommen rechnen kann. Jede Art von Investment ist mit Risiko behaftet! Ich bin eine Verfechterin von Streuung, weil es für mich Sicherheit bedeutet, wenn wir uns die Anlageklassen ansehen, die Sie erwähnt haben. Und warum ist das so? Weil nicht immer alles gut geht. Die Auswahl der Zusammensetzung hängt auch immer von der Flexibilität ab. Immobilien werde ich nicht so schnell los wie Wertpapiere, die ich jederzeit zum Tageskurs verkaufen kann. Wenn ich allerdings nur davon abhängig bin, ist es aktuell eine schlechte Zeit für einen Verkauf. Generell muss ich sagen, dass sich die Zeithorizonte in den letzten 20 Jahren verschoben haben. Kurzfristige und mittelfristige Sparmöglichkeiten gibt es eigentlich nicht mehr, wenn man eine solide Rendite einfahren möchte. Wobei auch das wieder relativ ist. Die einen sind mit drei Prozent zufrieden. Die anderen lachen dich aus und sagen, unter neun Prozent ist es kein Investment. Zeit, Risikobereitschaft und Abhängigkeit spielen in Summe eine Rolle. 

Was heißt kurz-, mittel- und langfristig?

Wertpapierinvestments haben für mich einen Zeithorizont von acht Jahren aufwärt, mindestens! Das ist aus meiner Sicht schon eine langfristige Perspektive. Kurzfristig sind ein bis drei Jahre. Mittelfristig spielt sich dazwischen ab.

Das spricht wiederum für junge Menschen, da die Wirtschaft im Rückblick immer gewachsen ist und man daher ruhig risikobreit sein könnte. Nur: Als Junger hat man womöglich nicht die finanziellen Möglichkeit zu investieren und acht Jahre zu warten, um zu wissen, ob es die richtige Entscheidung war. Vor allem, wenn dazwischen vielleicht Familiengründung und Hausbau anstehen.

Man kann auch eine duale Sparmöglichkeit wählen. Ein weiteres Beispiel: Meine Haushaltsfinanzrechnung und meine Wertigkeit haben aufgezeigt, dass ich 100 Euro monatlich sparen möchte und kann. Dann kann man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. 50 Euro legt man aufs Sparbuch, 50 Euro investiert man in eine andere Anlageklasse. Und mit der Zeit – beispielsweise in laufenden Jahresgesprächen – sieht man sich dann an, wie viel mit der Zeit am Sparbuch liegt und wie viel bei der Investmentsparform. Aus Erfahrung kann ich Ihnen sagen, dass das Sparbuch schlecht abschneidet, weil die Leute dort zugreifen.

Gehen wir davon aus, jemand hat 100.000 Euro auf der hohen Kante. Was soll die Person mit dem Geld machen?

Meine Lieblingsfrage! (lacht) 

Weichen Sie jetzt bitte nicht aus, indem Sie sagen, dass das individuell ist und jeder bzgl. Sicherheit und Risiko entscheiden muss. Jemand sagt Ihnen, Sie haben freie Hand und können aus Ihrer Sicht das Beste daraus machen, weil Ihnen vollkommen vertraut wird.

Diese Frage beantworte ich Ihnen hundertprozentig nicht! Wissen Sie, warum? Weil mir diese Frage bei jeder Geburtstagsparty und bei jeder Veranstaltung gestellt wird. Ich finde Sie extrem sympathisch und gebe Ihnen jetzt einen Rat: Wenn Ihnen ein Vermögens- und Finanzberater eine Antwort auf diese Frage gibt, dann laufen Sie! Und zwar ganz schnell weg.

Okay, dann probiere ich es jetzt nochmals anders.

(lacht)

Das durchschnittliche österreichische Bruttojahreseinkommen liegt bei ungefähr 35.000 Euro. Am Sparbuch wird es inflationsbedingt weggefressen. Am Wertpapierdepot verliert es wegen der aktuellen Börsenkurse an Wert. Was empfehlen Sie Normalverdienern, wenn etwas überbleibt am Monatsende?

Ich bin für den vorhin erwähnten Split. Ich weiß, dass Sie gerne eine genauere Antwort hätten, aber das empfinde ich als unseriös, weswegen ich mich nur wiederholen kann. Es hängt wirklich von der Erwartungshaltung ab, vom Zeithorizont, von der Risikobereitschaft und so weiter.

Ist nur der Split möglich oder auch eine Streuung im Sinne der vorhin erwähnten Risikoaufteilung?

Sie können Edelmetalle in einer kleinen Grammatur ankaufen. Sie können Wertpapiere, wie Aktien, Anleihen, Fonds oder ETFs kaufen. Sie können monatliche Sparpläne wählen. Es gibt genügend Sparformen, die Sie mit monatlichen Zahlungen bedienen können. Selbst Krypto-Währungen. Das hat sich im Vergleich zu früher enorm verändert. Große Einmalerläge sind heute nicht mehr notwendig.

Wenn Sie jemand fragt, in welche der folgenden Dinge investiert werden soll, was antworten Sie? Ein Gemälde eines aufstrebenden Künstlers, eine Luxusuhr einer Traditionsmarke, ein limitiertes Paar Sneaker von einem Designer, einen NFT einer renommierten Institution.

In all diesen Bereichen kenne ich mich nicht aus. Ich habe mich zu wenig mit Sneakers beschäftigt und ich kann auch die Wertigkeit von Gemälden nicht beurteilen. Daher habe ich weder eine Meinung noch Expertise dazu. Ich berate nur in den Bereichen, in denen ich Erfahrungen gemacht habe. Und damit meine ich nicht nur meine Kundenklientel, sondern auch meine eigenen Ersparnisse. Das heißt nicht, dass alle meine Investments immer gut gegangen sind. Ich habe auch schon auf einen falschen Gaul gesetzt und Verluste realisieren müssen. Manches hat sich ehrlicherweise besser angehört, als es dann tatsächlich war.
Vermögens- und Finanzberaterin Monika Maximilian im Gespräch

Was waren in der Vergangenheit Ihre persönlichen Fehleinschätzungen?

Formen, die zu wenig Flexibilität hatten, wie zum Beispiel Er- und Ablebensversicherungen. Die haben bei gewissen Personen sicherlich ihre Berechtigung. Für mich persönlich passt das allerdings nicht, da ich in die Veranlagung nicht eingreifen kann. Wenn ich es anders beantworten darf: Am besten bin ich gefahren, wenn ich eingreifen und Märkte ausnutzen konnte. Gerade im Wertpapiersegment machen viele den Fehler, auf bessere Zeiten zu warten. Man sollte sich, wie auch im Unternehmertum, eine Deadline setzen, bis wann etwas funktionieren muss. Das heißt: Wo liegen die Verlustgrenze und der Anlagehorizont? Mit wie viel Verlust kann man leben? 10 Prozent, 25 Prozent, 50 Prozent oder vielleicht sogar einem Totalverlust? Was tut einem weh oder nicht weh aufgrund anderer Vermögenswerte? Da sind wir dann wieder bei der Individualität, mit der ich Ihnen mittlerweile wahrscheinlich auf die Nerven gehe.

Überhaupt nicht, da Ihnen das sehr wichtig zu sein scheint und gewissermaßen auch der rote Faden in unserem Gespräch ist. Was ich rausgehört habe: Ihnen persönlich ist es wichtig und gibt es Sicherheit, wenn Sie flexibel in Ihren Anlagen sind. 

Genau. Durch die breite Streuung können in den unterschiedlichen Anlageklassen gewisse Gewinne und Verluste passieren. Der schönste Gewinn bringt Ihnen nichts, wenn Sie ihn nicht realisieren. Und ein Verlust ist nur dann ein Verlust, wenn Sie ihn realisieren.

Damit sprechen Sie nun die Nervenstärke von Anlegern an. Bei Verlust nicht unbedingt verkaufen, wenn es nicht notwendig ist, und bei Gewinn nicht sofort verkaufen, weil es weiter nach oben gehen könnte.

Und genau das muss im Gespräch erläutert und in Eigenverantwortung entschieden werden. Wenn man gemeinsam eine Strategie erarbeitet und sich dafür entschieden hat, müssen sich beide Seiten dazu bekennen. Wenn dann der Kunde umfällt nach einem halben Jahr, muss man als Beraterin schon nachfragen, was passiert ist. Liegt es an veränderten Lebensumständen, oder wovon reden wir eigentlich? Wenn ich übergewichtig bin, kann ich zigmal jammern. Wenn ich aber keine Disziplin habe, werde ich dennoch nicht abnehmen.

Wenn Sie nicht die Notwendigkeit sehen, weil Sie sich wohlfühlen, warum sollten Sie dann abnehmen?

Das stimmt schon, aber es geht mir gerade ums Jammern.

Man lässt sich halt von äußeren Umständen ablenken.

Ja, genau!

Wollen Sie damit sagen, dass Werbung von Versicherungen und Banken im Mistkübel landen sollte, weil die nur vom eigenen Bauchgefühl ablenken wollen?

Lassen Sie es mich so sagen: Jede Bank und jede Versicherung sind Produkthersteller, die diese Produkte an den Mann bringen wollen. Der Druck, Dinge zu verkaufen, nimmt immer mehr zu. Ich berate unter anderem Banker als Privatpersonen. Wenn es in einem Quartal einen Leasingbonus gibt, werde ich gefragt, ob ich gerade Kunden habe, für die das interessant wären. Das zeigt, dass es immer härter wird. Einerseits verstehe ich diese Angestellten, andererseits muss ich mich fragen, ob das gerade auch im Interesse des Kunden ist. Das Schlechteste ist es, einen Berater zu haben, der unter einem finanziellen Druck steht. Egal, ob der nun von einer Versicherung oder von einer Bank ist oder selbstständig. Aus meiner Sicht ist es das Wichtigste, dass sich alle beteiligten Parteien wohlfühlen. Meine Kunden wissen, dass es mir finanziell gut geht, womit sie die Sicherheit haben, dass sie langfristig gut betreut werden und ich ihnen nichts verkaufe, um überleben zu können.
»Das Schlechteste ist es, einen Berater zu haben, der unter einem finanziellen Druck steht«

Sollten Sie in finanzielle Schwierigkeiten kommen, würden Sie das Ihren Kunden doch nicht sagen, weil Sie wissen, was das in der Psyche Ihrer Kunden auslöst. Siehe als Beispiel einzelne große Bankinstitute und deren Auswirkungen auf die Finanzmärkte bei gröberen Unsicherheiten. 

Ich habe das Glück, noch nie dort gewesen zu sein, und Gott behüte, dass ich mir diese Frage niemals stellen muss. Ich denke, Sie haben meine positiven Referenzen gelesen. Worauf ich wirklich stolz bin, ist, wenn ich im Jahresgespräch mit meinen Kunden sage, dass wir nichts ändern müssen, weil alles optimal läuft. Ich nehme maximal zehn Neukunden im Jahr, was sehr besonders ist. Ich gehe sehr tief in die Materie, weil ich nur an langfristigen Geschäftsbeziehungen interessiert bin. Das heißt, dass ich nur an Geschäften Interesse zeige, wenn sich jemand eine Finanzberaterin auch tatsächlich leisten kann, weil es Sinn macht.

Heißt das im Umkehrschluss, dass jährlich auch zehn Kunden wieder abfließen? Oder bedeuten Bestandskunden weniger Aufwand?

Weniger Aufwand. Todesfälle gibt es auch. Oft betreue ich dann die Kinder meiner Kunden weiter. Das ist dann schon sehr spannend, wenn man die Eltern betreut hat und dann die Kinder betreuen darf. Manchmal treffen die Eltern gewisse Vorsorgen und geben die Kinder dann in meine Obhut als Finanzberaterin, sobald sie ihr erstes Geld selbst verdienen.

Wird dann Ihr Kind später einmal in Ihre Fußstapfen treten, damit es vice versa auch möglich wird?

Mein Sohn und meine Bonus-Töchter, die Kinder meines Lebensgefährten, werden sicherlich nicht in meine Fußstapfen treten. Sobald es aber so weit ist, werde ich mich rechtzeitig nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin umschauen und die Person einschulen, um sicherzustellen, dass die Beratung in ähnlicher Form fortgeführt werden kann. Das heißt, dass diese Person dieselben Werte vertreten wird, wie ich sie habe.

Sie sind vor über 20 Jahren als Vermögens- und Finanzberaterin gestartet: Was machen Sie jetzt anders als früher? Sei es wegen Ihrer Entwicklung oder wegen der Entwicklung des Marktes.

Manchmal würde ich die Zeit gerne zurückdrehen können mit all der Erfahrung, die ich gesammelt habe. Das würde ich manchmal sowohl privat als auch geschäftlich sehr gerne machen. Am Anfang meines Unternehmertums wollte ich jeden Kunden haben, ohne mir Gedanken darüber gemacht zu haben, wer eigentlich meine Zielgruppe ist. Ich bin einfach losgestartet unter der Annahme, jeden Kunden anzunehmen. Außerdem hatte ich die Illusion, dass ich von Empfehlungen leben werde. Ich bin dann schnell draufgekommen, dass dich in Österreich im Bereich Finanzen niemand empfiehlt. Dahingehend habe ich viele Fehler gemacht, Kunden gewinnen zu wollen. Mittlerweile weiß ich sehr genau, wer meine Zielgruppe ist. Und ich kenne auch meinen Preis. Was ich tagtäglich immer noch lerne: »Nein« zu sagen. Was mir nicht immer gelingt: mich als DIE umfassende, lebensbegleitende Ansprechperson, bezogen auf Finanzen, zu positionieren. Manche Leute haben mich immer noch in einer Schublade, bezogen auf einzelne Dienstleistungen wie Versicherungen oder Edelmetalle.

Man muss starkes Vertrauen haben, um alles zu einer Person zu legen. Stichwort »Risikostreuung«.

Absolut richtig. Es handelt sich dabei allerdings um eine Firmenphilosophie, die sich mit den Jahren so entwickelt hat und anfänglich sicherlich nicht so war. Dieser Weg hat mich zum beruflichen Erfolg gebracht. Ich weiß, dass ich nicht mit jedem kann, und ich will sicherlich auch nicht mit jedem. Ich bin bekannt dafür, dass ich Menschen in die Eigenverantwortung bewegen möchte. Ich wünsche mir, dass sich jeder mit vorgeschlagenen Ideen auseinandersetzt. Das liegt nicht jedem. Wenn ich einen Vorschlag präsentiere, lasse ich mir das mit den Worten des Kunden nochmals erklären, um zu sehen, ob es auch wirklich verstanden wurde. Damit kann ich sichergehen, dass meine Kunden alle Informationen vorliegen haben. Keiner kann mir dann sagen, nicht gewusst zu haben, worauf man sich einlässt.

Wie werden Sie bezahlt?

Auf drei verschiedene Arten: einerseits auf Basis eines Fixums, was einer jährlichen Servicegebühr entspricht. Damit bin ich unabhängig und muss nicht in den Verkauf gehen. Dann gibt es eine Provision, die bei der Vermittlung eines jeden Finanzprodukts fließt. Und drittens gibt es eine kleine Kundengruppe, die mich auf Stundenbasis bezahlt.

Was halten Sie von folgendem Satz: »Geht’s der Wirtschaft schlecht, geht’s den Menschen schlecht. Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s der Wirtschaft gut«?

Haben Sie das Gefühl, hier einen positiven Menschen zu erleben?

Ja.

Das freut mich. Es ist eine große Herausforderung mit der Jammer-Gesellschaft. In meiner Blase, in der ich mich bewege, sehe ich, wie gut es den Menschen immer noch geht. Viele Menschen wissen gar nicht, was es bedeutet, wenn es einem schlecht geht.

Lieblings-

Buch: Der Kleine Prinz (Antoine de Saint-Exupéry)
Film: Liebesfilme
Song: Ain’t no mountain high enough (Marvin Gaye & Tammi Terrell)
Schauspieler/in: Diane Keaton
Motto: Taten sind die wahren Worte.
Autor/in: Dazu habe ich keine Präferenz. Momentan lese ich viele Sachbücher. Roman Kmenta beschäftigt sich mit Preispolitik und ist ein sehr guter Autor auf dem Gebiet.
Serie: Das perfekte Dinner
Stadt: Bregenz
Land: Schweiz
Gericht: Sämtliche Pasta-Gerichte
Getränk: Tee

Schönstes und negativstes Erlebnis der vergangenen Woche

Schönstes: Gestern habe ich erfahren, dass ich Großmutter werde. Das war mein Geburtstagsgeschenk von meinem Sohn und seiner Verlobten. Das war für mich das Schönste, weil ich mich schon länger darauf gefreut habe, Großmutter zu werden.

Negativstes: Die E-Mail einer Kundin, die meinem Empfinden nach keine Wertschätzung meiner Dienstleistung gegenüber gezeigt hat. Es ging um einen Preis.

Berufswunsch als Kind

Juristin. Strafverteidigerin. Angeblich seit meinem zehnten Lebensjahr. Ich wollte Gerechtigkeit walten lassen. Später habe ich dann zwei Semester Jus studiert und gemerkt, dass Recht nicht gleich Recht ist.

Wen wolltest du immer schon einmal treffen?

Der, den ich immer treffen möchte und der für mich die schönste Persönlichkeit ist, die ich jemals treffen durfte, ist mein Lebenspartner. Für mich gibt es keine andere Persönlichkeit, mit der ich so eine bereichernde Zeit verbringen kann wie mit ihm.

Teenie-Schwarm

Ein Bursch aus der Oberstufe, dessen Namen ich jetzt nicht nennen werde. (lacht)

Café-Bestellung

Cappuccino

Ort des Interviews

Cagla Patisserie
Bei der »Cagla Patisserie« handelt es sich um eine kleine klassische Konditorei in der Landstraßer Hauptstraße 72 im dritten Bezirk in Wien. Zur Auswahl stehen diverse Kuchen und Torten sowie süße Kleinigkeiten wie Pariser Spitz. Das Lokal liegt übrigens direkt neben dem »Lingenhel«, in dem das Talkaccino Interview mit Werber Fred Koblinger geführt wurde. Empfehlung: Vorher ins Lingenhel zur Mittagspause und am Nachmittag auf einen Kaffee mit Kuchen in die Cagla Patisserie.